Einleitung
Die Vorbereitung der chemischen Grundlagen dieses Mittels hat sehr viel mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich ursprünglich dafür vorgesehen hatte. Tatsächlich war ich mir zuvor gar nicht im Klaren darüber, dass es sich bei Ammonium causticum eigentlich um das bekannte Ammonium-Ion des Ammoniak in wässriger Lösung handelt (3). Es gibt aber weitere interessante Zusammnhänge, z.B. die Geschichte seines Namens, da es angeblich in der Nähe des Orakels von Amun oder Ammon in der Nähe der Oase von Siwa im heutigen Ägypten zum ersten Mal aus Kamel-Dung gewonnen wurde (12). Oder auch die Tatsache, dass es sich mit Sauerstoff und Kohlenstoff um den Grundstoff des Lebens handelt. Die sog. Aminosäuren (11) werden oft als die Grundbausteinen des Lebens und der Proteine, die ihren Namen von den Aminogruppen erhalten haben, die als NH2-R(est) definiert sind (13, 22), bezeichnet. Auch unsere Atemluft besteht entsprechend aus diesen Elementen, zu 78% aber aus Stickstoff (23).
Wenn wir nun eines der Hauptmerkmale von Stickstoffverbindungen in der Homöopathie, nämlich das Gefühl des 'Zu-kurz-gekommen-Seins' (auch im Bereich der Sehnen besteht ein Gefühl des Verkürztseins) und das nachfolgende Nachtragen dieser unangehmen Erfahrung nehmen, erhalten wir eine sehr allgemeine menschliche Problematik, wie sie oft in der spirituell/geistigen Literatur Erwähnung findet (24, 25). Das Loslassen ist hier ein überaus wichtiger Punkt. Offenbar besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Stoff, aus dem wir gewoben sind und unseren wichtigsten und grundlegenden Problemen.
Aber noch einmal von vorne mit Fokus auf die Chemie. In der Wikipedia lesen wir: 'Ammoniak … ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff mit der Summenformel NH3. Es ist ein stark stechend riechendes, farbloses, wasserlösliches und giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt.' (2). … 'Da Ammoniak leicht mit sauren Verbindungen reagiert, kommt freies Ammoniakgas nur in geringen Mengen auf der Erde vor. Es entsteht bei der Zersetzung von abgestorbenen Pflanzen und tierischen Exkrementen. Bei der sogenannten Humifizierung werden stickstoffhaltige Bestandteile der Biomasse durch Mikroorganismen so abgebaut, dass unter anderem Ammoniak entsteht. Dieses gelangt als Gas in die Luft, reagiert dort jedoch mit Säuren wie Schwefel- oder Salpetersäure und bildet die entsprechenden Salze. … In Wasser ist Ammoniak sehr gut löslich. Bei 0 °C lösen sich 1176 Liter Ammoniak in einem Liter Wasser. Die Lösungen werden Ammoniumhydroxid, Salmiakgeist oder Ammoniakwasser genannt und reagieren basisch.' (1).
Ursprünglich wurde der Name Hirschhornsalz für Ammoniumkarbonat verwendet, das ebenfalls Ammoniak frei setzt, das man leicht durch den Geruch wahrnehmen kann. Es konnte aus dem Horn und den Hufen von Rothirschen und anderen Tieren durch Erhitzen gewonnen werden (2). Die wässrige Lösung war entsprechend das erwähnte Ammoniakwasser.
Zurück zu diesem als Ammonium causticum in der Homöopathie bezeichneten Stoff. 'Andere Namen sind Ammoniaklösung, Ammoniakwasser (oft 10%ige Lösung), Ammoniumhydroxid, Ammoniaklauge, kaustisches Ammoniak, Salmiakgeist, Hirschhorngeist, Ätzammoniak, Ammoniumhydrat, Liquor ammonii caustici . … Aus Ammoniakwasser verdunstet Ammoniak wegen seines höheren Dampfdrucks wesentlich schneller als das Wasser, weshalb die Ammoniak-Konzentration in offenen Gefäßen mit der Zeit abnimmt. Dabei tritt der typische, stechend-scharfe Ammoniakgeruch auf. (2, 3)
'Früher waren Verbindungen, die Ammoniak freisetzten als Riechsalze bekannt, da sie durch eine olfaktorische Stimulation zur Belebung bei Schwindel- und Ohnmachtsanfällen unter die Nase gehalten gehalten werden konnten.' (4)
'Enge Parallelen gibt es aber zu modernen Riechampullen mit Ammoniak, die heute bei psychosomatischen Erregungszuständen (wieder) eingesetzt werden: Der extreme Geruchsreiz dient zur Reduktion von hoher Anspannung, insbesondere als Hochanspannungs-„skill“ im Rahmen der Dialektisch-Behavioralen Therapie, und wirkt auch antidissoziativ … .' (10)
Bekannt sind auch die Salmiakpastillen, die in 'Rautenform gestanzt oder geschnitten sind und aus Süßholzwurzelextrakt (Lakritze), Salmiaksalz (Ammoniumchlorid) und überwiegend Anisöl bestehen. Bei einem Gehalt bis 7,99 % Ammoniumchlorid sind Salmiakpastillen ein "traditionell angewendetes Arzneimittel zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege". Besonders in Nordeuropa sind Produkte mit Salmiak-Geschmack sehr beliebt. Zunehmend auch in Deutschland erfreuen sich Salmiakpastillen (wieder) größerer Beliebtheit.' (9)
Eine antibakterielle Wirkung lässt sich auf die Neutralisation des leicht sauren Ammoniumchlorids (pH ca. 5,5) im verhältnismäßig basischeren Speichel (pH etwa 7) zurückführen, wobei Ammoniak frei wird, das desinfizierend wirkt (9).
Andere Verwendungen von Ammoniak bzw. seiner wässrigen Lösung sind sein Einsatz als Putzmittel mit leicht antibakteriellen Eigenschaften. Hierzu kann man lesen: 'Ammoniakwasser wird als Zusatz bei Reinigungsmitteln für den Haushalt (z. B. in Glasreinigern) und zur Neutralisation von Chlor und Formaldehyd nach Desinfektionsmassnahmen verwendet. In der Technik wird es zum Beispiel zur Reinigung von verzinktem Stahl zur anschließenden Lackierung (ammoniakalische Netzmittelwäsche) eingesetzt. ...
In der Bleicherei und in der Färberei wird es als preiswerte basische Lösung verwendet. In der Lebensmittelchemie kommt es als Säureregulator zum Einsatz und dient darüber hinaus dem Aufschluss von Milcheiweiß, Kakaoerzeugnissen und Eiprodukten. Die Lebensmittelzusatzstoff-Kennzeichnung ist E 527. ...
In den USA wird Ammoniakwasser zur Keimabtötung verwendet, um aus Schlachtresten Hackfleischzusatz zu gewinnen (abwertend Pink Slime genannt), sowie Verlängerung der Haltbarkeit von Fleischerzeugnissen. In der EU ist es zur Erzeugung von Bio-Lebensmitteln zugelassen.' (3)
Industrielles Ammonium wird normalerweise als 28%ige Lösung in Wasser oder als gefrorenes anhydriertes und flüssiges Ammonium in Tanks oder Druckzylindern transportiert. (5)
Die große Bedeutung von Stickstoff-Verbindungen liegt aber natürlich in der Landwirtschaft. Als wichtiger Teil von fast allen organischen Verbindungen, finden wir es auch in den menschlichen und tierischen Ausscheidungsprodukten (s. auch die erste Darstellung von Ammonium aus Kamel-Dung). Früher wurde Gülle auf die Felder ausgebracht, heute ist es der Stickstoff-Dünger. So lesen wir in Wikipedia: 'Ammoniumsalze sind die wichtigsten Verbindungen der anorganischen chemischen Industrie. Sie werden im Megatonnenmaßstab produziert und vorwiegend als Düngemittel eingesetzt ... .' (17)
Die menschliche Bevölkerungsexplosion der Erde im 20. Jahrhundert wurde wohl in dieser Größenordnung nur durch die industriemäßige Produktion von gebundenem (=fixiertem) Ammonium im Haber-Bosch-Verfahren möglich gemacht. Schätzungen zufolge wäre eine Landwirtschaft ohne dieses sehr energieaufwendige Verfahren kaum in der Lage mehr als 1,5 Milliarden Menschen auf der Erde zu ernähren. Das Verfahren zur Ammoniaksynthese benötigt noch immer ca. 2% der weltweit gewerblich verbrauchten Energie (26, 27). Allerdings möchte ich auch eine Gegenstimme nicht unerwähnt lassen, die zumindest die Zahlen zur Welternährung relativiert und in einen anderen Kontext setzt (28). Diesen Artikel kann ich persönlich sehr empfehlen!
Obwohl die teilweise Namensgleichheit zwischen den homöopathischen Mitteln Causticum (16) und Ammonium causticum offenbar nur über die scharfe, brennende Wirkung der Substanzen auf menschliche Schleimhäute bedingt ist, fand ein bekannter deutscher Homöopath einen Zusammenhang zwischen einer leicht modifizierten Ammonium-Verbindung (Am-c) und dem Ätzkalk Hahnemanns in ihren Homöopathischen Wirkungen: 'Mezger hat klin. untersucht, ob sich Kalium und Causticum austauschen lassen. Er berichtet von unbefriedigenden Ergebnissen, wohingegen er beim Indikationsgebiet der Arthritiden und Ischialgien eine begrenzte Austauschbarkeit von Causticum und Ammonium carbonicum bestätigt fand.' (7)
Was bisher nur am Rande Erwähnung fand, ist die mythologisch religiöse Bedeutung des Begriffes, die sich von dem Ort seiner ersten Synthese in der Wüste ableitet in der Nähe eines Tempels von Amun Re, woher der Name wohl auch abgeleitet wurde. (19)
Nicht uninteressant ist dabei der Zusammenhang zwischen einem der Hauptbestandteile unserer Atemluft (sie besteht zu fast 80% aus Stickstoff) bzw. Ihren Verbindungen, den wichtigsten Grund-Bausteinen des Lebens, den Aminosäuren (11) und einer der höchsten und mächtigsten ägyptischen Götter. Da ich mich hierbei sehr weit auf fanstastisches Gebiet vorwagen würde, soll das jetzt unterbleiben und nur als Hinweis verstanden werden. Jedenfalls könnten sich unsere Paradigmen bei genauer Betrachtung der Datenlage wesentlich ändern (20, 21). Denn wenn diese Bausteine des Lebens wirklich aus den Weiten des Alls von Meteoriten auf unseren Planeten gebracht wurden, müssten wir unsere fernere Geschichte komplett neu überdenken.
Der Vollständigkeit halber sei auch der Beiname der mächtigen griechischen Göttin Hera erwähnt, der ebenfalls Ammonia (Greek: Ἀμμωνία) war. Unter diesem Beinamen wurde sie in Elis verehrt (8).
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Ammoniak
(2) https://en.wikipedia.org/wiki/Hartshorn
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Ammoniakwasser
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Riechsalz
(5) R. Norris Shreve; Joseph Brink (1977). Chemical Process Industries (4th ed.). p. 276. ISBN 0-07-057145-7.
(6) http://www.dictionary.com/browse/spirit-of-hartshorn, Übersetzung des Autors
(7) http://www.simillimum.net/caustium.txt.htm
(8) https://en.wikipedia.org/wiki/Hera_Ammonia, Übersetzung des Autors
(9) https://de.wikipedia.org/wiki/Salmiakpastillen
(10) https://de.wikipedia.org/wiki/Riechsalz
(11) http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/bausteine-des-lebens-entstehung-von-aminosaeuren-im-computer-simuliert-a-990625.html
(12) https://de.wikipedia.org/wiki/Orakel_von_Siwa
(13) https://de.wikipedia.org/wiki/Aminogruppe
(14) https://www.welt.de/wirtschaft/article124567859/Bestehen-McNuggets-wirklich-aus-rosa-Schleim.html
(15) http://www.business-on.de/ammoniumhydroxid-starkoch-jamie-oliver-gewinnt-langen-kampf-gegen-mcdonalds-_id45890.html
(16) https://www.globuli.de/einzelmittel/globuli-von-c-bis-c/causticum-hahnemanni/
(17) https://de.wikipedia.org/wiki/Ammonium#Verwendung
(18) https://en.wikipedia.org/wiki/Ammonia
(19) https://en.wikipedia.org/wiki/Ammonia#History
(20) http://www.wissenschaft.de/erde-weltall/astronomie/-/journal_content/56/12054/1145628/Meteoriten-enthalten-gleiche-Aminos%C3%A4uren-wie-Lebewesen/
(21) http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-12753-2010-12-22.html
(22) http://universal_lexikon.deacademic.com/205471/Aminos%C3%A4uren%3A_Bausteine_des_Lebens
(23) http://www.pflegewiki.de/wiki/Atemluft
(26) https://www.tagesspiegel.de/wissen/ammoniakherstellung-kunstduenger-ohne-treibhausgase/10318420.html
(28) https://www.welt-ernaehrung.de/2014/11/19/das-stickstoff-dilemma/
Klassische Literatur
Alles in allem scheinen mir die meisten der klassischen Quellen fast vollständig auf den Gebrauch des Mittels in der allopathischen Praxis und hier speziell als Riechsalz zurückzugehen. Auch wenn wir bei Allen (1) in seiner Enzyklopädie schon reichlich darüber hinausgehende Symptome finden erschließt sich mir kein kohärentes Bild. Von Interesse könnten vielleicht die zusammengebissenen Zähne und die geröteten, glänzenden Augen sein, die ich so mit ein klein wenig Fantasie bei meinen Patienten wahrnehmen konnte, die auf das Mittel reagierten.
Bei Boericke (2) finden wir Angaben, die, wie so oft, die Frage aufwerfen, ob hier nicht, mehr noch als bei Allen (1), einfach die allopathische mit der homöopathischen Wirkrichtung vertauscht wurde. Oder, anders gesagt, ob nicht einfach die klassischen Einsatzgebiete von Riechsalz hier angeführt wurden.
So lesen wir 'Dies ist ein starkes Herzstimulans. Wird als solches angewandt bei Kollaps, Thrombose, Hämorrhagie, ..., kann durch Inhalation verabreicht werden. Das Ödem u. die Ulzeration der Schleimhäute, die durch dieses starke Mittel hervorgerufen werden, sind als Leitsymptome für seine Anwendung benützt worden; daher bei membranöser Krupp mit Brennen im Ösophagus. Aphonie. Vgl. CAUST. … Ansammlung von Schleim mit unaufhörlichem Husten. Verlust der Stimme. Brennende Rauheit im Hals.'
Bei Clarke (3) wird bereits die Ähnlichkeit zwischen dem in Wasser gelösten Ammonium-Ion und dem Ammonium-Carbonat herausgestellt.
Er schreibt:'Die Symptome des kaustischen Ammoniums gleichen denen des Carbonats sehr.' Und weiter: 'Die ätzende Natur der Medizin ist beispielgebend für die brennenden Empfindungen, die typisch für sie sind, besonders in der Kehle, der Speiseröhre und dem Rektum.'
(1) Allen, T. F., Enzyklopädie der reinen Materia Medica, http://www.homeoint.org/allen/a/am-caust.htm
(2) Boericke, W., Materia Medica, aus MacRepertory für Windows Pro 6.1.7
(3) Clarke, J. H., Materia Medica, aus MacRepertory für Windows Pro 6.1.7
Eigene Erfahrungen
Wir müssen noch einmal kurz den inneren Zusammenhang der aus chemischen Verbindungen bestehenden Mittel beleuchten, wir er bereits von J. T. Kent in seinen Vorlesungen (1, 2) vorgeschlagen wurde, der sich die Eigenschaften ungeprüfter Mittel aus ihren Einzelkomponenten erschloss. Da dies von H. C. Allen auf einem Kongress 1908 heftig kritisiert worden war (3), verwarf Kent diese Idee im Anschluß und hörte auf, solche synthetischen Mittelbilder zu veröffentlichen. Obwohl vieles für die legitime Möglichkeit sprach, sich die Eigenschaften von Mitteln zu einem gewissen Grade aus ihren chemischen Einzelbestandteilen herzuleiten, stellte Kent diese Praxis im Anschluß an den Kongress ein und tilgte die so entstandenen 'synthetischen' Mittelbilder aus seinen Publikationen.
Das ist Geschichte und ich erwähne es, weil die Thematik während meiner Praxisbesuche bei Dr. Vijayakar (4) in Mumbai, Indien, als vollkommen gegeben und logisch dargestellt wurde. Tatsächlich habe ich das im Anschluß auch immer und immer wieder in meiner eigenen Praxis bestätigt gefunden! Ein großer Unterschied ist jedoch die Tatsache, dass es sich oft nicht um reine 'synthetische' Mittelbilder handelt, sondern diese aus der praktischen Erfahrung heraus erwachsen sind und zum Teil auch mit Prüfungssymtpomen unterstützt wurden.
Denn, auch wenn die Möglichkeit einer Herleitung des Mittelbildes aus den ihm nahe Verwandeten chemischen Verbindungen immer besteht, hier also Ammoniumcarbonat und Salmiak (Ammonium muriaticum), muss man ohne konkrete Anwendung sehr vorsichtig damit sein. Im Falle von Am-caust ist dies aber eine absolute Notwendigkeit, da in der klassischen Literatur in erster Linie auf die allopathischen Leitsymptome zurückgegriffen wurde (s. dort) und das Mittel in meinem Repertorium gerade einmal mit 11 Gemütsrubriken verteten ist, von denen die meisten mit Koma, also wieder den klassischen Einsatzgebieten des Riechsalzes, zu tun haben.
Im vorliegenden Text bin ich stark auf das Ammonium-Kation (NH4+) an sich eingegangen, da es meist das Kation, Calcium-, Kalium-, Alumuminium-, Magnesium- oder eben Ammonium-Ion ist, das den Hauptausschlag gibt, während man den anionischen Teil, die Silicea-, Karbonat-, Hydroxy- oder Iod-Gruppe, um nur einige zu nennen, aus weniger prominenten Eigenschaften erkennen muss. Gleichzeitig kann man das Anion dann aber auch eher tauschen und so eine Art Feinjustage der Verordnung vornehmen (4). Dabei habe ich nie eine wesentliche Verschlechterung erlebt, auch wenn man nach relativ kurzer Zeit, meist einigen Wochen, das Mittel in dieser Art modifiziert, wiederholt. Dies spricht stark dafür, dass es sich um gleichzeitig auch sehr eigenständige Entitäten handelt, da man bei einer verfrühten Wiederholung desselben Mittels, auch in einer anderen Potenz, eine ganz wesentliche Verschlechterung provoziert. Dies zumindest, wenn das Mittel halbwegs auf den Patienten zutrifft. In meinem ersten erfolgreichen Fall von Ammonium-causticum, der nun schon seit einigen Jahren sehr positiv auf dieses Mittel reagiert, habe ich z.B. einige Wochen zuvor mit 50%igem Erfolg Ammonium-carbonicum gegeben.
Fast alle Ammonium-Verbindungen haben, ganz analog zu ihren noch bekannteren Stickstoff-Verbindungen den Nitriten, das Gefühl in irgendeinem Aspekt ihres Lebens zu kurz gekommen zu sein. Dieses Unzufrieden sein und Nachtragen von Unrecht ist bei Nitricum-Acidum sehr bekannt (5), scheint aber bei fast allen Stickstoff-Verbindungen eine wichtige Rolle zu spielen. Dabei klagt Ammonium-Causticum gar nicht so auffallend, jedenfalls nicht so, dass man es sofort wahrnimmt. Wohl aber tun sie dies ausdauernd und kommen aus diesem Gefühlszustand einfach nicht heraus. Man hört immer wieder die gleiche Klage, und sie scheinen sich dabei einfach nicht mit der Tatsache arrangieren zu können. Alles erscheint ihnen ein Mißerfolg in ihrem Leben zu sein, weil dieser eine Punkte, der durchaus berechtigterweise viel Raum einnehmen kann, nicht zu ihrer Zufriedenheit aufgelöst werden konnte.
Dabei sind sie wenig aufdringlich und auch sehr nett und aufgeklärt, wohl aber einfach unversöhnlich, v.a. mit ihrem eigenen Schicksal. Dies spiegelt sich auch im körperlichen in einem Gefühl von verkürzten Sehnen wider.
Ähnlich wie Karbone können sie ein wenig spöttisch oder sarkastisch imponieren sind jedoch im Gegensatz zu den ersteren in meinen Augen deutlich reizbarer und auf eine sympatische Art distanziert. Man bekommt jedenfalls nicht schnell eine Lockerheit und Herzlichkeit ins Gespräch. Dies trifft speziell auch für Am-caust zu, obwohl in den entsprechenden Rubriken nur die beiden Schwestermittel, nämlich das Hirschhornsalz und Salmiak vertreten sind. Wir finden in der Rubrik,
- Gemüt; LACHEN; nie (8): am-c, am-m, Ars, bac, bamb-a, hep, nit-ac, sulph,
dass 3 von 8 Mitteln Stickstoff-Verbindungen sind.
In Ihrer ernsten Art können sie sogar an Platina erinnern:
- Gemüt; UNFREUNDLICHE Stimmung (4): am-c, mag-m, plat, rauw
- Gemüt; ERNSTHAFTIGKEIT (86): aeth, alum, alum-p, am-c, am-m, ambr, anac, ang, ant-c, arg, Ars, ars-s-f, asar, aur, bamb-a, bar-c, bart, bell, bor, borag, bov, bros-g, bry, cact, calc, cann-s, caust, cham, chel, chin, cic, cina, cocc, coff, con, cupr, cycl, dros, Euph, euphr, ferr, ferr-ar, graph, grat, haliae-lc, hydrog, hyos, ign, iod, ip, lac-lup, lach, led, lyc, lyss, m-arct, mang, med, merc, mur-ac, naja, nat-c, nat-m, nat-p, nux-m, nux-v, olnd, op, orig, ph-ac, plat, plb, puls, rhus-t, seneg, sep, sil, spig, staph, stram, sul-ac, sulph, thuj, til, valer, verat
Von Bedeutung ist vielleicht noch die körperliche Struktur von Ammonium (Am-caust), das in meiner Erfahrung eher kräftig, 'kastenförmig' imponiert, dabei allerdings je nach 'anionischer Prägung' modifiziert sein kann. Als Karbon ist es eher kräftiger, rundlicher und als Chlor-Verbindung (Am-m) eher länglicher, mit langem, schlankem Hals (4).
Bei Am-caust können sich Beschwerden schnell am Herzen festsetzen, mit Rhythmusstörungen und derartigen Beschwerden. Dabei kann es zu Tachykardien oder unregelmäßigem Puls kommen.
(1) Kent, J. T., Lectures on Homoeopathic Materia Medica, 3rd Edition, Boericke & Tafel, Philadelphia 1923
(2) Kent, J. T., Kent's Minor Writings on Homeopathy, von Gypser, Klaus-Henning; Haug Verlag Stuttgart, 1987, ISBN-10 3776009462
(3) Biographie von Allen, H. C.: http://www.wholehealthnow.com/bios/henry-c-allen.html
(4) Eigene Aufzeichnungen nach Dr. Vijayakar, Prafull, Mumbai, Indien
(5) Vithoulas, G, Essenzen homöopathischer Arzneimittel, Sylvia Faust Verlag, Höhr-Grenzhausen 1990, S. 5
Repertorium
Da das Mittelbild von Am-caust praktisch nicht geprüft ist und, wie im Kapitel 'Klassische Literatur' erwähnt, hier primär auf die allopathische Verwendung von Riechsalz abgehoben wurde, habe ich allgemein Rubriken zu Ammonium-Verbindungen angeführt, die mir als passend erscheinen und im Einzelfall auch zum Erkennen des Mitteln herangezogen worden waren. Man könnte den Kreis noch auf die Nitrite und Nitrate erweitern, dies würde aber in meinen Augen den hiesigen Rahmen sprengen.
Für eigene Studien empfehle ich noch die Sprengstoffe Pikrinsäure, das nebenbei in der Histologie zum Anfärben von Nervengewebe Verwendung findet, und Glonoinum auszudehnen.
- Gemüt; TRÄUME; Mangel, Knappheit, Not (1): am-c
- Gemüt; TRÄUME; erfolglose Bemühungen; verschiedene Dinge zu tun; Essen für Vater und Bruder zuzubereiten (1): am-m
- Gemüt; TRÄUME; Gefahr; Armut, und (1): am-c
- Gemüt; TRÄUME; gehalten; fest an der Hand, so daß er nicht fort konnte (1): am-m
- Gemüt; ELEGANZ, Mangel an (8): am-c, am-m, caps, nat-c, nat-m, nux-v, sil, sulph
- Gemüt; BESCHWERDEN durch; Kummer, Trauer, Sorge; Weinen, kann nicht (12): aeth, am-m, apis, carc, crot-c, gels, ign, kali-fcy, Nat-m, nux-v, op, puls
- Gemüt; LÄCHELN; nie (7): alum, am-c, ambr, Ars, Aur, hep, verat
- Gemüt; LACHEN; nie (8): am-c, am-m, Ars, bac, bamb-a, hep, nit-ac, sulph
- Gemüt; REIZBARKEIT, Gereiztheit; allgemein; Wetter; regnerischem oder trübem, bei (2): aloe, am-c
- Gemüt; GEMÜTSERREGUNG, Gefühlsspannung, erregbar; allgemein; Sprechen, beim (8): am-c, am-m, ambr, ammc, caust, graph, kali-m, merc
- Gemüt; GEMÜTSERREGUNG, Gefühlsspannung, erregbar; allgemein; abends; Denken an die Dinge, die andere getan haben um ihr zu mißfallen, beim (1): am-c
- Gemüt; UNFREUNDLICHE Stimmung (4): am-c, mag-m, plat, rauw
- Gemüt; ERNSTHAFTIGKEIT (86): aeth, alum, alum-p, am-c, am-m, ambr, anac, ang, ant-c, arg, Ars, ars-s-f, asar, aur, bamb-a, bar-c, bart, bell, bor, borag, bov, bros-g, bry, cact, calc, cann-s, caust, cham, chel, chin, cic, cina, cocc, coff, con, cupr, cycl, dros, Euph, euphr, ferr, ferr-ar, graph, grat, haliae-lc, hydrog, hyos, ign, iod, ip, lac-lup, lach, led, lyc, lyss, m-arct, mang, med, merc, mur-ac, naja, nat-c, nat-m, nat-p, nux-m, nux-v, olnd, op, orig, ph-ac, plat, plb, puls, rhus-t, seneg, sep, sil, spig, staph, stram, sul-ac, sulph, thuj, til, valer, verat
- Allgemeines; VERKÜRZTE Muskeln und Sehnen (67): abrot, alum, am-c, am-caust, Am-m, ambr, anac, ars, aur, bar-c, calc, carb-an, carb-v, Caust, cic, cimic, coff, Coloc, con, cupr, dig, dios, dros, ferr, form, Graph, guai, hell, hep, hyos, iod, kali-c, kali-i, kreos, lach, led, lyc, m-p-a, mag-c, merc, mez, mosch, nat-c, Nat-m, nit-ac, nux-v, ol-j, olnd, ox-ac, petr, ph-ac, phos, plb, puls, ran-b, rheum, rhus-t, ruta, samb, sec, sep, sil, stann, sul-ac, sulph, syph, tell (1)
- Allgemeines; KURZ, Empfindung (14): agar, am-c, am-m, ambr, apisin, bar-c, carb-an, caust, graph, guai, lach, rhus-t, sep, sulph
- Allgemeines; STRECKEN, sich Recken; muß sich, Strecken allgemein; genug geschlafen hat, als ob man nicht (2): am-c, mill
- Extremitäten; AUSSTRECKEN; Untere Gliedmaßen; Füße; muss (4): am-c, op, puls, rhus-t
- Geschmack; SAUER; Nahrung schmeckt (22): Am-c, ... bell, cact, calc, caps, ... tarax, tarent
(1) Tao Te King in der Übersetzung von E. Schwarz, §1:
sagbar das Dau
doch nicht das ewige Dau
nennbar der name
doch nicht der ewige name
namenlos
des himmels, der erde beginn
namhaft erst der zahllosen dinge urmutter
darum:
immer begehrlos
und schaubar wird der dinge geheimnis
immer begehrlich
und schaubar wird der dinge umrandung
beide gemeinsam entsprungen dem einen
sind sie nur anders im namen
gemeinsam gehören sie dem tiefen
dort, wo am tiefsten das tiefe
liegt aller geheimnisse pforte