Berberis vulgaris
Arzneimittel des Monats
Berberis vulgaris
Einleitung
Die Berberitze gehört zu der Familie der Sauerdorngewächse, von denen in der homöopathischen Materia medica noch Podophyllum peltatum (Schildförmiges Fußblatt), Caulophyllum (Frauenwurzel) und Berberis aquifolium bekannt sind. Das Mittel wurde von Dr. Carl Gustav Hesse in Wechselburg erstmals geprüft und die Symptome im Journal für homöopathische Arzneimittellehre 1834 veröffentlicht.
Klassische Literatur
Über Berberis sind in der alten homöopathischen Literatur primär körperliche Symtome, die die Harnweg, Nieren und die Leber betreffen bekannt. So schreibt Boericke (1): ‚Rascher Wechsel der Symptome - Schmerzen wechseln bezüglich Ort u. Charakter - Durst wechselt mit Durstlosigkeit, Hunger mit Appetitmangel usw.. Wirkt kräftig auf die Adern, verursacht Blutandrang im Becken u. Hämorrhoiden … ausstrahlende Schmerzen …‘.
Weiterhin findet in der klassischen Erwähnung die Merkwürdigkeit Erwähnung, dass in der Nierengegend, aber auch im Kopf und in den Extremitäten ein blubberndes, sprudelndes Gefühl herrschen kann.
Von G. Vithoulkas ist mir während der Ausbildung weiterhin erinnerlich, dass er davon sprach, Personen, die Berberis benötigen, seien Menschen, die aktiv seien und nicht ruhig und in sich gekehrt (‚people of action, not meditation‘). Außerdem hielten sie ihre Gefühle sehr in sich verschlossen, und könnten sich schlecht öffnen.
Bekannt ist weiterhin das Gefühl einer eng anliegenden Kappe um den Kopf und die Empfindlichkeit auf jedewede Störung (s. Complete Repertory, Millenium edition:
Gemüt; GEDANKEN; Schwinden, Verlust der; unterbrochen wird, wenn man: berb, mez, staph).
In seiner Materia Medica Viva schreibt G. Vithoulkas über Berberis (2): ‚Müdigkeit ist ein hervorstechendes Merkmal von Berberis, nicht nur in körperlicher, sondern auch in geistiger und emotionaler Hinsicht. Sie prägt das psychische Bild entscheidend. Ein Berberis Patient wird bei Ihnen sofort das Gefühl auslösen, einem ausgelaugten, ‚fertigen‘ Menschen gegenüberzustehen; Sie möchten ihm instinktiv helfen, ihn unterstützen – und dabei tritt er von sich aus gar nicht als Hilfesuchender oder Bittsteller auf. Im Gegenteil, er gibt sich sehr optimistisch, mutig und unerschrocken, lächelt selbst unter Schmerzen; es ist gut möglich, daß er Ihnen Ratschläge gibt, statt sich von Ihnen beraten und trösten zu lassen. Für gewöhnlich handelt es sich um ernste, nachdenkliche Menschen, die lieber für sich als in Gesellschaft sind‘.
1) Pocket Manual of Homœopathic Materia Medica, 1st ed., San Francisco: Boericke & Runyon (1901
2) Homöopatische Arzneimittel Band V, G. Vithoulkas, Urban und Fischer München 2009, S. 112
Eigene Erfahrungen
Vor einigen Wochen konsultierte mich eine junge Patienten wegen Kopfschmerzen nach Insektenbissen. Tatsächlich hatte ich nach der ersten Konsulation keine Idee, welches Medikament ich ihr verordnen sollte. Aufgrund einiger repertorisierter Symptome und mangels einer besseren Idee, dachte ich an Carbo-vegetabilis, der verbrannten Asche von Birkenholz, das allerdings keinerlei Wirkung zeigte. Erst bei der zweiten Konsultation kamen einige weitere Symptome zu Sprache, die mich aufhorchen ließen. Z.B. erzählte sie mir, dass sie immer nach dem Geschlechtsverkehr Duschen oder zumindest auf Toilette gehen müsse, da sich sonst regelhaft eine Blasenentzündung entwickele. Also konsultierte ich im Repertorium3) die folgende Rubrik, die mir 9 Mittel vorschlug.
Urethra; SCHMERZEN; Allgemein; Koitus; nach (9): berb, calc, canth, caust, nat-m, nat-p, sep, sul-ac, sulph
Glücklicherweise war mir auch noch im Kopf, was G. Vithoulkas uns in seinem 4-Jahres-Kurs in Alonissos über das Medikament erzählt hatte. Tatendurstige Menschen, nicht meditativ orientiert. Tatsächlich hatte mir das die Patientin in nur leicht abgewandelten Worten bei der ersten Konultation auch erzählt. Ich gab ihr also das Medikament, nachdem ich noch wenige andere Symptome abgefragt hatte, die typisch für Berberis vulgaris sind (s. nebenstehen unter Repertorium)
Repertorium (1)
- Gemüt; ARBEIT; unmöglich; Unterbrechung, durch die geringste (1): berb
- Gemüt; GEDANKEN; Schwinden, Verlust der; unterbrochen wird, wenn man (3): berb, mez, staph
- Gemüt; MUTIG, beherzt, tapfer, unerschrocken (32): … berb, bov, calad, ... ign, … op, phos, puls, … tub, valer, verat
Diese wären natürlich schwierig als Hinweise auf eine Person zu werten, in der Zusammenschau war es jetzt aber eindeutig und führte entsprechend auch zu einer Heilung ihrer geklagten Symptome.